Die Spiegeltherapie ist eine in den 90er Jahren entwickelte Methode zur Behandlung verschiedenster chronischer Schmerzsyndrome. Professor Ramachandran und sein Team haben sich zunächst auf Phantomschmerzen konzentriert und die Effektivität dafür nachgewiesen. In den vergangenen Jahren wurden jedoch auch bei anderen Krankheitsbildern sehr gute Verbesserungen erzielt, indem die Spiegelneurone aktiviert wurden.

Spiegelneuronen

Im Zuge der Spiegeltherapie werden die Spiegelneuronen im Gehirn aktiviert. Aber was bedeutet das genau? Im dorsalen Anteil des prämotorischen Kortex befinden sich Spiegelneurone. Es handelt sich hierbei um spezielle Neurone, die während der Umsetzung einer visuellen Information in eine motorische Aktion aktiviert werden. Während der Beobachtung der eigenen Bewegung im Spiegel werden die Spiegelneurone aktiviert. Sie haben eine wichtige Funktion für das Wiedererlernen von Bewegungen und damit für die motorische Rehabilitation. Eine Spiegelung der nicht betroffenen Extremität ohne Bewegung der betroffenen Extremität bewirkt eine Aktivität in wichtigen motorischen Arealen, die man ansonsten nur über eine willkürliche Bewegung der betroffenen Extremität erreichen würde.

Wie wird die Spiegeltherapie angewendet?

  • z.B. Für die Aktivierung eines Armes, einen Spiegel auf dem Tisch platzieren, in den der Klient seitlich schaut. Der betroffene Arm liegt hinter dem Spiegel und ist für den Klienten nicht sichtbar. Mit dem gesunden Arm führt der Patient nun Übungen durch, die er im Spiegel beobachtet. Dabei entsteht im Gehirn die Illusion, der betroffene Arm sei selbst aktiv. Allein durch die Vorstellung der Bewegung werden die zugehörigen motorischen und sensorischen Areale im Gehirn aktiviert.
  • Kurz: gesunde Gliedmaße wird gespiegelt, somit ist das beeinträchtigte Gliedmaß für das Gehirn scheinbar sichtbar  (siehe Bild)

Voraussetzung für das motorische Training ist eine ausreichend hohe Anzahl an Wiederholungen der jeweiligen Bewegungsabläufe, ca. 10 – 15 Wiederholungen – TÄGLICH!

Therapie bedeutet in den meisten Fällen, dass der Patient jemanden aufsucht (einen Arzt, einen Therapeuten, etc.), der dann die geeignete Maßnahme durchführt. Unwillkürlich entsteht dabei oft der Eindruck, dass der Patient nichts selber gegen sein Problem unternehmen kann. Spiegeltherapie geht hier genau den entgegengesetzten Weg: der Patient muss selbst aktiv werden – sonst kann kein Effekt eintreten. Auch die Regelmässigkeit des Trainings führt dazu, dass die Verantwortung für die Therapie beim Patienten liegt. In der Praxis zeigt sich auch, dass die Spiegeltherapie sehr schnell zu einer Verbesserung führt. So ist der Patient motiviert die Therapie auch durchzuführen – weil sich nach jeder Eigenbehandlung Fortschritte zeigen. Somit ergibt sich eine wesentlich bessere Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Patient.

Anwendungsgebiete – Bei welchen Krankheitsbildern wird die Spiegeltherapie eingesetzt und was kann sie bewirken?

Ergotherapeuten und Rehabilitationskliniken setzen mittlerweile die Spiegeltherapie nicht nur in der Therapie von Phantomschmerzen ein, sondern auch bei einer Vielzahl von
anderen Erkrankungen, die die Körperwahrnehmung und Empfindung beeinträchtigen.

  • Apoplex -> Verbesserung der Halbseitenlähmung
  • Morbus Sudeck (CRPS), Schmerzen nach Nerven- Nervenwurzelentzündungen Phantomschemerzen nach Amputation
    -> Bei der Therapie wird die betroffene Extremität in einer schmerzfreien Position hinter dem Spiegel gelagert. Die Bewegung wird mit der gesunden Extremität durchgeführt.
    -> Dem Gehirn wird eine schmerzfreie Bewegung vorgetäuscht, sodass eine Anregung der sonst vernachlässigten Hirnregion stattfinden kann
  • Parkinson
  • Multiple Sklerose

Bei diesen Erkrankungen schrumpfen die Repräsentationsareale der Extremitäten im Gehirn, dabei geht bei den Betroffenen das Körperschema verloren. Durch die Spiegeltherapie werden die betroffenen Areale im Gehirn stimuliert und der Zusammenhang zwischen motorischer Intention, Empfindung und visuellem Eindruck wieder hergestellt.
Die Spiegeltherapie kann mit ihrem zentralen Ansatz die Wiederherstellung des gestörten Körperschemas, die Rückgewinnung von Sensibilität und die Minderung von Schmerzen unterstützen.

Physische Grundlagen der Person für die Therapie

  • ausreichende kognitive Belastbarkeit für Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit
    Vorstellungskraft – es ist wichtig, dass die Person sich vorstellt, ihren betroffenen Arm bzw. ihr Bein zu sehen

Kontraindikationen

  • unzureichende kognitive Fähigkeit
  • Ablehnung der Therapie
  • fehlende Krankheitseinsicht
  • Bilaterale Parese
  • Gesichtsfeldeinschränkung
  • starke neuropsychologische Störungen

Weitere Infos zum Thema:

http://spiegeltherapie.com/category/allgemein/

Video: Spiegeltherapie – Anwendumg bei Schlaganfällen, Amputationen, Allodynie und Lähmungen

Video: Morbus Sudeck: Mit einem Spiegel das Gehirn überlisten

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Spiegeltherapie ist…

  • einfach anzuwenden
  • selbstständig durchführbar
  • kostengünstig
  • motivierend
  • effektiv